Der Süßwarenmarkt ist im Umbruch - Ein Gastbeitrag von Dr. Kay Hafner
Gemeinsam mit POSpulse hat mein Unternehmen HAFNER & CIE. Digital Change & Strategy GmbH eine Umfrage mit 1.000 Befragten zum Verzehr und zu den Einkaufspräferenzen bei Süßwaren durchgeführt. Die Studie, die im Dezember stattfand, hat gezeigt, dass in dieser Branche deutliche Verschiebungen bevorstehen.
Schokolade macht das Rennen
35% der Befragten essen täglich Süßwaren und immerhin 48,9% mehrmals die Woche. Nur etwa 16% der Shopper verzehren einmal oder seltener als einmal die Woche Süßes. Wie erwartet macht nach wie vor die Tafelschokolade mit 56,5% der Befragten das Rennen vor Riegeln (48%), Fruchtgummi/Lakritz (47,3%), Chips/Knabbereien (44,6%) und Keksen/Waffeln (29,5%). Eher abgeschlagen liegen Bonbons/Kaugummi (17,4%) und Pralinen (11,4%). Die immer spannende, aber ungestützte Frage nach den Topmarken sieht Haribo (13,3%) und Milka (12,9%) auf den Spitzenplätzen, gefolgt von der Kinderschokolade (10,9%), Lindt (7,7%) und Ritter Sport (5,3%).
Die Einkaufspräferenzen werden angeführt von der klaren Dominanz des Supermarktes für den Einkauf (71,9%), gefolgt vom Discounter, der mit 19% unerwartet schwach abschneidet. Auch die 0,6% Online-Einkauf sind ein Spiegelbild des nur langsam wachsenden E-Commerce Einkaufs. Wenig überraschend ist auch, dass sich die Verbraucher wegen einer hohen Markenloyalität nicht vorher zum Süßwaren-Kauf informieren (60,7%) und höchstens am POS (25%) durch Angebote, Neuheiten oder spezielle Platzierungen beeinflussen lassen. Es ist auch nach wie vor so, dass Süßwaren überwiegend nach Gewohnheit und Erfahrung gekauft werden (79,4%).
Jeder Vierte achtet auf Inhaltsstoffe
Allerdings sind bereits für jeden vierten Käufer die Inhaltstoffe bei Süßwaren ein wichtiges Thema. Die Vermeidung von bestimmten Fetten (37,6%), tierischen Produkten (29,9%), raffiniertem Zucker (12,8%), Laktose (5,1%) oder Gluten (2,6%) beschäftigen schon fast 90% der Käufer. Dies zeigt einen scharfen Gegensatz zum derzeitigen Angebot auf und wird den Markt von der Nachfrageseite in den nächsten 2-3 Jahren nachhaltig verändern.
Ein überraschendes Ergebnis hat auch das Thema Individualität ergeben. 7,4% legen Wert auf einen speziellen Geschmack, individuelle Toppings oder eine eigene Zusammenstellung von Produkten. Immerhin 42,2% haben dies schon ausprobiert und 30,3% würden dies gerne testen. Nur für 20,1% ist Individualität weniger wichtig. Auch hier zeigt sich der Mega-Trend Individualisierung mit speziellen Angeboten abseits der großen Masse. Hersteller müssen umdenken, wie man durch kleine oder gar limitierte Serien, saisonale Differenzierung oder selbst mischbare oder herstellbare Produkte den Verbraucherwunsch trifft.
Welche Trends setzen sich durch?
Einen zusätzlichen Blick in die Zukunft hat die Studie auf das Thema Food Tech geworfen. Jeder Vierte hat schon mal etwas davon gehört und immerhin jeder Fünfte (21,2%) würde Produkte kaufen, die von Food Tech hergestellt wurden.
Mehr als 75% der Befragten erwarten in den nächsten drei Jahren alternative Süßwaren, insbesondere mit gesünderen Inhaltsstoffen. Gluten-, zuckerfreie oder vegane Produkte sind ebenso ein klarer Trend wie Süßes, das man nach persönlichen Präferenzen kauft oder zusammenstellt. Dies erwarten 21,5% der Befragten (volle Zustimmung) und 34,8% (Stimme eher zu).
Eine abschließende Frage nach der Veränderung des gesamten Einkaufsverhaltens gegenüber Süßwaren hat bestätigt, dass immerhin mehr als ein Viertel aller Befragten (28%) in den nächsten 3 Jahren weniger konsumieren wollen. Im Zusammenhang mit der stärkeren Bedeutung von Inhaltsstoffen und der wachsenden Individualisierung geben diese Ergebnisse einen klaren Hinweis darauf, dass sich die Industrie in ihrer Produktpolitik verändern muss.
Die Branche steht vor einem Umbruch
Auch das Umfeld der Süßwarenindustrie mit einer kritischeren Diskussion zum Ernährungsverhalten und dem omnipräsenten Thema Fitness wird diese Trends verstärken. Nestlé hat bereits die US-Süßwarensparte verkauft, ebenso kämpft Lindt in den USA mit Problemen. Mondelez ist in Schwierigkeiten wegen jahrelang schrumpfender Umsätze, Ritter rechnet nicht mit Zuwächsen und auch Lambertz gleicht Rückgänge im Stammgeschäft mit Ganzjahresartikeln aus. Die Einlistungen von Marken bei Lidl und Aldi versprechen zwar vorübergehendes Wachstum, aber strategisch sind dies keine Lösungen.